LKW² - Arbeit nach Lehrplan

... so würde es wohl ein Oberstudienrat nennen. Diese Gattung geht ja nur zu gerne nach Lehrplan durch Unterricht und Schuljahr.

Bei uns hieße so etwas eher Ausbildungsblock, wenn auf einen Theorieabend, z.B. zum Thema technische Hilfe bei Verkehrsunfällen, ein oder zwei ausgiebige Übungen auf dem Hof der Wache folgen und zum Abschluss dann, nochmal eine Woche später, eine Alarmübung mit Einbindung von Darstellern und Rettungsdienst den Ausbildungsblock abschließt.
Die vergangene Woche stand bei uns unter der Thematik LKW. Und doch war es weder ein Oberstudienrat, noch jemand aus unserer Abteilung Ausbildung, der hier seine Finger im Spiel hatte. Pate stand hier allein das Leben - die harte, ungefilterte, mäßig planbare Realität. Denn es waren keine geplanten Übungen, die uns schulmäßig und durchgeplant ans Thema heranführten, sondern Einsatzlagen. Beide bei Nacht, in der Dunkelheit und mit ganz unterschiedlichen Szenarien.
Zuerst melde der Funkmeldeempfänger am 30.07.17 einen Brand. Genauer den Brand eines LKW auf dem Firmengelände einer Spedition in Lohfelden. Vor Ort hatten Kollegen des Fahrers, die offene Flammbildung des Feuers beim Eintreffen unseres ersten Fahrzeugs bereits durch Einsatz eines Feuerlöschers eindämmen können. Uns begrüßte dichter schwarzer Rauch aus allen vorhandenen Öffnungen der Zugmaschine. Zu diesen Öffnungen hatte sich aufgrund des enormen Hitzestaus im Führerhaus auch schon ein Loch in der Frontscheibe gesellt. Da die Brandursache irgendwo in der Elektrik des Fahrzeugs vermutet wurde, wurden durch uns die Deckenverkleidung, das Armaturenbrett und die ohnehin schon zerstörte Frontscheibe entfernt.
Die Fahrerkabine bot dann leider innerlich ein nicht mehr zu rettendes Bild aus Einzelteilen, Löschpulver und dunkel verkohlten und verrußten Bauteilen, zumeist außer Form geschmolzenes Plastik.
Dem beherzten Eingreifen der Fahrerkollegen ist es hier zu verdanken, dass sich der Schaden auf das Führerhaus der Zugmaschine beschränken ließ und es nicht zu einem Übergreifen auf Fahrzeuge an den anderen Laderampen kommen konnte.
Und ganz ohne einen Zusammenhang dazu rappelte und vibrierte der Melder Mittwochnacht um 00:30 Uhr, gefolgt von einer Durchsage der Leitstelle Kassel, die schon wieder das Wort "LKW" umfasste. Diesmal ging es „nur“ um austretende Betriebsstoffe. "Ein Bisschen Diesel danebengegangen", "vielleicht ein übergelaufener Tank beim Umpumpen, hatten wir ja erst vor etwa sechs Wochen", "Zwei Säcke Öl-Ex und dann geht's wieder heim, zurück ins Bett"…
So in etwa dürfte es vielen durch den Kopf gegangen sein, wenn ich mal von mir auf meine geschätzten Kameraden schließe. Der Anblick vor Ort ließ dann aber relativ fix jeden der vorherigen Gedanken verfliegen und ersetzte diese durch "Sch...e, das ist ne ganze Menge Diesel da im Graben" oder "wie geht denn sowas, die Tanknadel muss doch runter gegangen sein wie der Drehzahlmesser bei ner Vollbremsung".
Um es bildlich zu verdeutlichen, die nicht ganz so clevere Idee des Fahrers war es gewesen, ein Wendemanöver mit seinem Hängerzug über eine Wiese abzuschließen. Dabei hatte er leider einen größeren Stein übersehen, der ihm seinen Haupttank perforiert hat. Und aus dem waren dann bereits mehrere Hundert Liter Dieselkraftstoff ausgelaufen und hatten sich quer über die Straße und am Rand entlang auf etwa 75 Meter in die Böschung und jede Vertiefung verteilt. Da ein Stopfen des Lecks nicht einfach möglich war, wurde der Haupttank kurzerhand komplett demontiert. Die Reinigung der Straße übernahm dann, nachdem wir das gröbste weitere Absickern ins Erdreich verhindert hatten die Firma Mercedes-Benz Aschenbrenner GmbH. Als dann auch der LKW-Abschlepper der Firma Walke Abschleppdienst & Oelspurbeseitigung den Hängerzug am Haken hatte, ging die Einsatzstelle an die Polizei über und der Weg für uns zurück in Richtung Bett, mit Zwischenstopp unter der Dusche...
Und wer in den Tagen nach unserem Einsatz einmal die Bergshäuser Straße zum Rasthof Kassel entlang gefahren ist, der konnte sehen, wie umfangreich die Arbeiten der Wasserschutzbehörde und beauftragter Bauunternehmen in den Folgetagen noch waren, bis das mit Diesel kontaminierte Erdreich abgetragen und durch sauberen Boden ersetzt worden war.
Besser als es hier das Leben schaffte, hätte es wohl auch der eingangs erwähnte Oberstudienrat nicht planen können. Kompakt an zwei Tagen wurden sowohl die Brandbekämpfung, wie auch die technische Hilfe am Sonderobjekt Lastkraftwagen durchexerziert. Und das sogar in den Sommerferien. Mit Erfolg teilgenommen, versetzt ins nächste Schuljahr. Die Themen sind noch nicht bekannt, also lassen wir uns überraschen, was uns erwartet.