#1 Vorsicht Glosse – Aus dem Leben des Louis Löschnix

Hallo, ich heiße Louis, also Louis Löschnix und bin Oberfeuerwehrmann bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Gestern bin ich nach dem wöchentlichen Übungsdienst zu meinem Kommandanten gegangen, weil ich ein paar Fragen hatte. Also eigentlich heißt der nicht Kommandant, weil hier in Hessen Gemeindebrandinspektor der richtige Name ist, aber irgendwie reicht auch Chef, weil das ist nicht so ein langes Wort und man weiß trotzdem wer gemeint ist. Der Chef hatte wieder kaum Zeit, weil er mit der ganzen Verwaltungsarbeit immer so viel zu tun hat. Bevor ich was sagen konnte zeigte mir der Chef erstmal, was er noch so alles auf dem Schreibtisch liegen hat. Da waren ganz viele Anfragen zu Materialbeschaffungen, Brandsicherheitsdiensten die gestellt werden sollen, Veranstaltungen an denen die Feuerwehr unterstützen soll und ganz viele Papiere aus dem Rathaus. Manchmal glaube ich dass er das in Vollzeit hauptberuflich macht, aber dann sagt er immer, dass er das genauso wie ich alles nur ehrenamtlich macht, also nur in seiner Freizeit. Also der Zeit, die neben seinem eigentlichen Beruf bleibt und nicht von seinen Kindern und seiner Frau eingefordert wird. Mit den Freunden ist das ein wenig einfacher, da sieht man ja viele auch in der Feuerwehr, also ließe sich die Zeit, so sagt mein Chef „gewinnbringend kombinieren“. 

Da kam ich ins Grübeln, weil er glaube ich recht hat, mit dem was er da sagt. Mit den Übungen und dem Arbeitsdienst, das ist ja planbar und zeitlich auch häufig einzurichten, aber viele meiner Kameraden machen ja noch Jugendfeuerwehr, Kinderfeuerwehr oder so Funktionen die auch nochmal extra Zeit in Anspruch nehmen. Da ist es schon komisch, dass wir das alles einfach so freiwillig machen. 
Und die Einsätze sind eben gar nicht planbar. Die kommen fast nie, wenn ich sowieso in der Feuerwehr bin, sondern meistens nach den stressigen Arbeitstagen oder mitten in der Nacht.
Dann hat mein Chef mir auf die Schulter geklopft und gefragt, was denn meine Motivation ist, dass ich das alles mache. Und dann musste ich an eine Familie denken, die uns mit Tränen in den Augen gedankt hat, dass nur ein Zimmer Ihrer Wohnung nach dem Brand verrußt und renovierungsbedürftig ist und der Rest der Wohnung vor den Flammen bewahrt wurde und an eine Mutter, die total dankbar war, dass wir ihre Kinder fast unverletzt aus dem Auto geholt haben, nachdem da jemand von links kommend das mit der Vorfahrt etwas fragwürdig ausgelegt hatte. Da wusste ich dann warum ich das alles mache, da hatte mir der Chef das ruck-zuck wieder klargemacht. Dann sah mich der Chef an und sagte nichts, grinste nur etwas väterlich. Da habe ich die Chance genutzt und mal meine zweite Frage gestellt. Also die erste hatte ich vergessen, deshalb zuerst die zweite von meinen Fragen. Ich warte nämlich schon voll lange auf meine Beförderung zum Hauptfeuerwehrmann und wollte wissen ob das denn nächstes Jahr auf der Jahreshauptversammlung was wird. Der Chef grinste nur und sagte, wenn das meine brennendste Frage sei, dann könne er die mit „Ja“ beantworten. Und er grinste schon wieder so und sagte mit einem Lachen zu mir, dass es dann auch 100% Gehaltserhöhung gebe. Ich war hellauf begeistert. Und das ohne Streiks, Verhandlungen und Gewerkschaften. Aber weil mein Chef immer noch so lachte – und das macht der sonst nie so – wurde ich misstrauisch. Dann hab ich mal gerechnet und wusste dann, warum er so lachte. Weil 0,-€ plus 100% bleibt ja genauso überschaubar, wie es vorher war.  Da dachte ich, dass das mit der Beförderung ja auch egal sei. Weil von einem Strich mehr auf dem Ärmel der Uniform wird ja auch nichts anders. Aber irgendwie musste ich auch zurück grinsen zum Chef. Da hatte er mich doch echt auf den Arm genommen. Und das bei all dem Stress und Papierkram, den er da liegen hat. Also irgendwie machen wir das alles dann trotzdem beide gerne mit „freiwillig“, „kostenlos“ und „jederzeit“, auch wenn es uns manchmal den Schlaf raubt und ich meiner Freundin erklären muss, dass sie einfach weiter schlafen soll, wenn ich den Melder gegriffen habe und weg bin zur Feuerwehr, weil ein Einsatz ansteht. Bis zum Frühstück bin ich hoffentlich zurück…

… Fortsetzung folgt …